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Von der Bedeutung der Traurigkeit

Man kann die Welt nicht verändern, indem man mutig, entschlossen oder brillant ist, und nicht einmal, indem man Mitgefühl hat. Nur mal angenommen, es ginge im Wesentlichen darum, traurig zu sein? Was hältst du davon?

Das klingt erst mal völlig daneben, nicht wahr?
Wenn wir an Menschen denken, von denen wir viel über bedeutsame Veränderungen gelernt haben, dann denken wir an ungewöhnlich mutige Menschen – zum Beispiel an Martin Luther King, an Mahatma Gandhi oder an den Dalai Lama. Standhafte, tiefe Menschen. Anderen ganz zugetan und bereit, buchstäblich für das zu sterben, woran sie glauben.

Wie wird man so ein Mensch?
Ich habe keine Ahnung, aber ich würde darauf wetten, dass der Grund, der Weg und die Erfüllung ihres Lebens in Traurigkeit ruht.

Wenn wir uns diese Welt so anschauen, wie sie ist, kann uns das, was wir sehen, sehr traurig machen. Das ist gut so. So sehen wir klar. Echte Traurigkeit lässt spontan, ganz natürlich und ohne Einschränkung den Wunsch entstehen – nein, die Sehnsucht –, anderen von Nutzen zu sein. Wenn dein Wunsch zu helfen in Liebe (das heißt in Traurigkeit) wurzelt, hat er Wirkung. Keine Frage.
Doch weil sie so unbequem ist, machen wir Traurigkeit am liebsten sofort zu etwas, das weniger schmerzt – wir wandeln sie um in Wut, Hoffnungslosigkeit oder Hilflosigkeit.

Wenn jedoch der Wunsch zu helfen in Wut wurzelt, richtet er nur noch mehr Verwirrung an. Und wenn man hoffnungslos oder hilflos ist, sucht man verständlicherweise Zuflucht in Nichthandeln. Auch das schafft Verwirrung.

Meditation lehrt uns, mit dem leichten Schmerz der Traurigkeit zu entspannen und bei uns zu bleiben, sie nicht zu etwas anderem zu machen. An diesem Punkt werden wir frei, uns für eine eigene Form hilfreicher Aktivität zu entscheiden (ob in Form von Aktivismus, einer leitenden Funktion, sozialem Engagement, künstlerischem Ausdruck, Gebet und/oder einfach Freundlichkeit).

Wenn wir Traurigkeit bekämpfen, entsteht Verzweiflung. Mitgefühl entsteht, wenn wir das nicht tun. Traurigkeit fühlt sich nicht "gut" an – aber lebendig, und diese Lebendigkeit ist der Weg zum Glück*.

Es geht darum, zu lernen, unser Herz in diesem offenen Zustand zu halten. Meditationspraxis ist nicht mehr oder weniger als genau diese Art von Stabilisierung. Sie ist so viel mehr als eine Technik zur Selbstverbesserung – ich habe das schon zehntausendmal gesagt und geschrieben. Sie ist ein Weg zu Frieden. Sie ist ein Weg zu Liebe, nicht zu der von süßlicher Art, sondern zur einzig wahren.

Du hast einen weichen Punkt. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist das nicht dein Schwachpunkt, sondern es ist der Zugang zu unzerstörbarer Kraft.

* Ein Schüler des tibetischen Meditationsmeisters Chogyam Trungpa Rinpoche hat mir einmal erzählt, dass er jemandem, der ihn gefragt wurde, wie Glück sich anfühle, geantwortet hatte: "Für Dich würde es sich wahrscheinlich wie Schmerz anfühlen". Das ist ein kleiner Hinweis, etwas worüber man für dieses und alle unsere anderen zukünftigen Leben nachdenken kann. Aber ich schweife ab.

Dieser Artikel stammt von Susan Piver, er wurde erstmals in ihrem Blog unter dem Titel »The Importance of Sadness« veröffentlicht. Übersetzung: Peter Brandenburg. Lektorat: Dirk Henn.

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