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Neubesinnung

Blick auf den Parkplatz am Morgen

Parkplatz am Morgen       Foto © Dirk Henn

Aus meiner neuen Wohnung schaue ich auf einen Parkplatz. Des Morgens eilen die Menschen in ihren meist viel zu großen Autos herbei. Wie auf einer Landebahn führt sie die lange Zufahrtspiste vor die Eingänge des Kindergartens und der Kleinkind-Gruppe. "Sieben Zwerge" und "Sonnenblume" klingt niedlich, doch die Menschen die dorthin eilen, scheinen oft in großer Not zu sein. Sie biegen mit ihren Kleintransportern, Familienvans und Kombis in derart wahnwitziger Hast um die Kurven, dass die Anwohner der umliegenden Häuser des Morgens und am Mittag lieber Abstand halten.

Es berührt mich zu sehen, wie die Mütter (und gelegentlich auch einige Väter) ihre Kinder am frühen Morgen in die Einrichtungen begleiten. Ihre Verbundenheit und Fürsorge ist spürbar. Und sie scheint auf in den kleinen Geschichten, die Kinder und Eltern miteineinander erleben: das missmutige Mädchen, das dick eingepackt auf dem Schlitten hockt und von ihrer Mutter entschlossen durch den Schnee gezogen wird; der Junge, der einen Umweg einlegt, um noch kurz mit einem Stock im Wasser des Brunnens zu stochern und so seine Mutter einlädt, für einen kurzen Moment an seiner Seite innezuhalten.

Doch das Ausmaß und die Rohheit dieser morgendlichen Blechkarawane stimmen mich traurig. "Das ist die Lebensform des fossilen Zeitalters", geht es mir durch den Sinn. Wenn dem so ist, wird es allerdings nicht mehr lange so weitergehen können. Denn der Hochgeschwindigkeits-Gesellschaft geht der Sprit aus. Und es wird mehr und mehr deutlich, dass sich die Zerstörungen, die unsere gewohnte Lebensweise bewirkt, zu gigantischen Untaten auswachsen.

Darin liegt eine Hoffnung. Eine Chance zur Neubesinnung.
Denn welche Krankheit hat uns da befallen, wenn an allen Orten unseres Landes Hundertschaften von hektischen Wesen ein so sinnloses Spektakel veranstalten? Und das nicht nur vor Kindergärten, sondern auch vor Schulen, Bürogebäuden, Fabriken, Einkaufszentren und Kinocentern.

Wenn es Raum für Leben gibt, dann ist er regional, kleinteilig und im Dialog. Und das gibt es bereits jetzt: Einige wenige Eltern rollen auf ihren Fahrrädern an oder kommen zu Fuß, die Kinder an ihrer Seite – in der ihnen eigenen Geschwindigkeit. Eine Mutter bleibt stehen, bespricht sich mit einer anderen, während die Kinder zum großen Brunnen gehen und mit dem Wasser spielen.

Alles ist vorhanden. Es liegt an uns, welchen Weg wir gehen.