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Eine Tasse, ein Leben lang

Kawagishi-sensei mit seiner Tasse

Kawagishi-sensei mit seiner Tasse     Foto © Sean Sakamoto

Kawagishi-sensei ist Zen-Mönch und er ist Lehrer an der Sekundarschule an der ich arbeite. Er unterrichtet Kalligrafie, eine der traditionellen Künste Japans. (Es gibt bei uns eine Menge Zusatzangebote, an denen sich die Schülerinnen und Schüler beteiligen können, ähnlich wie an US-amerikanischen High Schools.)

In Kalligrafie üben die Schüler die Kunst, japanische Kanji-Schriftzeichen zu malen – die chinesischen Buchstaben, die einen Teil der geschriebenen Sprache ausmachen. Kalligrafie hat in Japan eine lange Tradition und die Schriftzeichen sehen, selbst für meinen ungeübten Blick, wunderbar aus.

Kawagishi-sensei lehrt Kalligrafie seit mehr als 30 Jahren. Mein Japanisch ist nicht gut genug, um viel mit ihm zu sprechen, aber doch versuchen wir jede Woche miteinander zu plaudern. Mir fiel auf, dass er seinen Tee dabei immer aus einer speziellen Tasse trinkt, die auf seinem Tisch steht.

Es ist eine wunderschöne getöpferte Tasse. Die lebendigen Farben glänzen im Licht, durchwoben von Texturen, und ich nahm an, dass sie neu sei, so glattpoliert und glänzend.

Als ich ihn darauf ansprach, erzählte er mir, dass er sie von seinem ersten Lohn gekauft habe den er als Lehrer ausbezahlt bekam, vor 35 Jahren. Die Tasse ist in einem berühmten japanischen Stil gefertigt, der sich Aritayaki nennt. Diese Tasse begleitet ihn seit dreieinhalb Jahrzehnten. Er nutzt sie täglich, und es ist noch immer eine prachtvolle Tasse.

Schlagartig kam mir in den Sinn: "Wie viel muss ihm diese Tasse wohl mittlerweile bedeuten?" Und es schien mir sehr freundlich zur Umwelt zu sein, in all der Zeit nur eine Tasse zu nutzen. Wenn man all die Becher nähme, die ich in den vergangenen 30 Jahren benutzt habe, bräuchte man dafür wahrscheinlich eine eigene Mülldeponie. Wie viele Papierbecher, Kunststoffbecher, Colaflaschen, Wasserflaschen..., wie viel Glas und Plastik habe ich Tag für Tag im Laufe all der Jahre benutzt und weggeworfen? Zu viele, um es klar zu sagen.

Jenseits der klaren Schlichtheit, einfach eine Tasse zu nutzen, scheint die Tatsache auf, dass sie aus Ton gefertigt ist. Der Ton wurde aus der Erde gegraben, von Hand geformt, glasiert und in einem Töpferofen gebrannt. Das brachte mich auf den Gedanken, dass Konsum nicht notwendigerweise schlecht ist. Es gibt Wege, Dinge zu besitzen, die freudvoll sein können, bedeutungsvoll und umweltfreundlich. Wie wäre das, wenn alles was ich besitze, angeschafft wurde um einen Anlass zu feiern, dazu bestimmt ein Leben lang zu halten?

Dieser Artikel ist unter dem Titel »One Life, One Cup« zuerst als Gastbeitrag auf Colin Beavans ehemaliger Website »No Impact Man« erschienen. Übersetzung Dirk Henn.