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Der erste Schritt zur Vereinfachung

Wie man das Wesentliche identifizieren kann, ohne dabei der Leere anheim zu fallen

Endlich einfacher

Die Spreu vom Weizen trennen       Foto © eris23/photocase

Wir sprechen hier oft über das Vereinfachen, vom Entrümpeln unserer Dingwelten bis hin zur Vereinfachung der Aufgaben, die darauf warten, erledigt zu werden. Doch neulich schrieb ein Leser, sein Problem sei, dass er gar nicht weiß was er mit sich selbst anfangen soll, nachdem er zum Beispiel Fernsehen und andere Zeitverschwender aus seinem Leben entfernt hat.

Die einfache Antwort: Tu, was du liebst.
Sein Kommentar illustriert, wenngleich nachvollziehbar, eine weitverbreitete Fehldeutung von Vereinfachung.

Das ist ein wichtiger Punkt, und ich denke es lohnt sich, ihn hier zu debattieren. Das Mißverständnis: Vereinfachung beruht vor allem darauf, dass wir etwas vermeiden oder Dinge unterlassen – ein Vorgehen, das ein Loch oder eine Leere zurücklässt. Und so denken viele Menschen, dass Vereinfachung zu einem langweiligen und freudlosen Leben führt. Sie könnten sich kaum mehr irren.

Das wirkliche Ziel der Vereinfachung, und der erste Grundsatz: Identifiziere zu allererst, was Wesentlich ist, was du liebst, was dir wichtig ist – und dann entferne den ganzen Rest der dich ablenkt und davon abhält das zu tun, worum es geht.

Es gibt so eine Menge Zeugs in unseren Leben – von unserem Hab und Gut über die Dinge, die wir noch tun müssen, bis hin zur Informationsflut, die auf uns einstürmt. Ein visuelles und emotionales Wirrwarr, das uns überfordert.
Und das Ergebnis? Schließlich tun wir doch wieder eine Menge Dinge, die für uns nicht wirklich wichtig sind. Und das nur, weil wir so viel zu erledigen haben, das sich ohne nachzudenken und ungefragt in unsere Leben hineingeschlichen hat.
Sokrates sagte, dass "... ein Leben ohne Selbsterforschung gar nicht verdient, gelebt zu werden." Nunja, Sokrates muß ein ausgezeichneter Vereinfacher gewesen sein, bezeugt von der Tatsache, dass er nur sein Gewand und seine Sandalen besaß.
Wie auch immer, um unsere Leben vereinfachen zu können, müssen wir unsere Leben zunächst untersuchen. Was ist wichtig, was verleiht all den Dingen in unserem Leben ihren Wert? Das sind die Fragen, die es zu stellen gilt, und wenn du die Antworten erst einmal gefunden hast, wird dir das Vereinfachen leicht fallen.

Das zu finden, was Wesentlich ist, was wir lieben und was für uns von Bedeutung ist, kann uns helfen zu vereinfachen und wirkt sich auf unser gesamtes Leben aus:

1. Die erste Frage: Was bedeutet mir am meisten? Was tue ich am liebsten? Die Antwort ist für jede Person eine andere. Für mich lautet sie einfach: Ich liebe meine Frau und meine Kinder, ich liebe es zu schreiben, ich liebe es zu lesen und ich liebe es, anderen zu helfen. Für andere Menschen mag die Antwort eine ganz andere sein – etwa wandern oder Mountainbiking, Musik machen oder was auch immer. Beantworte diese Frage zuerst.

2. Die zweite Frage: Was passiert in meinem Leben? Was genau tue ich jeden Tag, jede Woche, jeden Monat? Verknüpft es sich mit dem, was mir am meisten bedeutet
Wenn du ausgehst um mit Kumpels einen zu heben, es aber nicht wirklich wichtig für dich ist, dann wäre das zum Beispiel ein erster Kandidat für die Vereinfachung. Untersuche und befrage all deine Verpflichtungen und frage dich, ob sie wirklich wichtig sind für dich, ob sie, gemessen an der Zeit die du für sie aufwendest, dir und deinem Leben Bedeutung verleihen und ob sie in Beziehung stehen zu dem, was wirklich wichtig ist.

3. Dein Hab und Gut: Die gleiche Frage kannst du auf all die Besitztümer anwenden, die dir gehören. Liebst du wirklich all das Zeug? Sind all diese Dinge von Bedeutung?
Du kannst deine Gedanken auch mit einer anderen Frage klären: Welche ausgesuchten Dinge würde ich unbedingt ersetzen, nachdem das Haus, in dem ich lebe, abgebrannt wäre? Trenne dich vom ganzen Rest. Das Zeug verursacht Wirrwarr und Stress und hält dich davon ab, die Dinge zu genießen, die du wirklich liebst.

4. Alles andere: Die gleiche Herangehensweise kann auf auf alle anderen Bereiche deines Lebens angewandt werden – deine Arbeit, die Informationen die du täglich liest, die Fernsehprogramme, die du schaust, die Menschen, mit denen du dich umgibst. Erkenne, was essenziell ist, was du liebst, was von Bedeutung ist ... und trenne dich von dem Rest.

5. Was übrig bleibt: Wenn du all das überflüssige Zeugs beseitigt hast, all das, was nicht in Beziehung zu dem steht, was dir wichtig ist – was behältst du am Ende über? Einfach die wesentlichen Dinge. Einfach das Zeug und die Strukturen, in und mit denen du wirklich tätig sein willst. Doch wenn du den übrigen Kram aus deinem Leben beseitigst, sagen wir zum Beispiel, Fernsehen, stundenlanges Internetsurfen und Biertrinken – schalte es nicht einfach aus, es geht nicht darum, es zu vermeiden. Erinnere dich was dir wesentlich ist, was du zu tun liebst, und tue dies stattdessen. Für mich bedeutet das, Zeit mit meiner Familie zu verbringen anstatt zu arbeiten, zu schreiben und zu lesen anstatt fernzusehen, anderen zu helfen anstelle des Einkaufsbummels (etwas, das ich gerne noch mehr tun würde).

Vereinfachung dient nicht dazu, dein Leben zu entleeren. Es geht darum, deinem Leben Raum und Fülle für das zu geben, was du wirklich tun willst. Erkenne, was diese Dinge sind, bevor du damit beginnst, dein Leben zu vereinfachen.

Dieser Artikel stammt von Leo Babauta, er wurde erstmals auf seiner Website zenhabits.net unter dem Titel »The First Rule of Simplifying: Identify the Essential (or, How to avoid the Void)« veröffentlicht. Sein täglicher (englischsprachiger) Newsletter bietet eine Vielzahl von wertvollen Anregungen. Übersetzung: Dirk Henn.