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Einfache Vergnügungen

Der Sommer naht und damit die Urlaubszeit. Wo geht´s hin?

Auf Juist

In die Nähe oder in die Ferne schauen?   Foto © Dirk Henn

Im Grunde ist es ganz einfach: Nah soll es sein, wirklich nachhaltig und ein Ort, an dem ich ohne Sorge sein kann. Doch wie wird daraus ein Urlaub?

Als ersten Anhaltspunkt habe ich mich an den Verbänden und Zusammenschlüssen orientiert, die sich einem nachhaltigen Tourismus verschrieben haben. Die Angebote von Viabono waren mir jedoch zu teuer. Das Forum Anders Reisen hat einige sehr gelungene Reisen, aber auch so sehr viel Fernreiseangebote – da wird es dann am Ende nie was mit der Nachhaltigkeit. Ö-plus hat in der Schweiz einiges zu bieten, doch die Blaue Schwalbe, habe ich dann für mich entschieden, ist das entschiedenste und wärmste der touristischen Qualitätssiegel. Nun ja, aber im ersten Anlauf war nichts dabei, was ich derzeit bezahlen kann,

und eine Menge Angebote lagen nicht an ebenjenen Traumorten, nach denen sich meine naive Urlaubsseele sehnte.

Also sind wir Anfang April auf eigene Faust auf die Insel Juist gefahren. Und das war ein Volltreffer: Ein Ort ohne Autos, ohne Glitzer, Pomp und grossen Aufwand.
Eine autofreie Insel, die sich auf der Schmalseite in einer Viertelstunde durchwandern lässt, kann nicht anders, als alle Angebote und Ziele fussläufig zu gestalten. Häuser, Wege und selbst die Landschaft, sind an das Schrittmaß der Menschen und der gemächlichen Kaltblüter angepasst, die die Waren von der Fähre auf Tieflader-Fuhrwerken zu den beiden kleinen Supermärkten der Insel ziehen.
Und noch die Fähre selbst braucht eineinhalb Stunden, um im flachen gewundenen Fahrwasser ganz sachte den Weg zur nahegelegenen Insel zu finden. Und selbst das gelingt nur ein- bis zweimal am Tag, bei maximalem Hochwasser. Das Wattenmeer lässt der Technik hier keine andere Chance. Ich hatte nicht gewusst, wie sehr mir ein Ort seine ihm eigene Struktur einschreibt, mich verweilen lässt oder zur Eile antreibt. So wie ich anreise, so wie ich mich an die Orte der Insel begebe, so eröffnen sich auch in mir die dem entsprechenden Räume der Abgeschiedenheit, des Hier-Seins, der Stille und der Langsamkeit.

Doch wirklich überrascht wurde ich vor drei Wochen, 30 Kilometer von meiner Wohnung entfernt. Eigentlich wollte ich nur mal "auf die Schnelle“ mit meiner Freundin ein Wochenende in ebenjenem Schwarzwald verbringen in dem ich lebe. Also habe ich noch einmal geschaut, was die Blaue Schwalbe zu bieten hat: Haus Sonne, eine Pension nahe am Gipfel meines Lieblingsberges, des Belchen.

Seit mehr als zwei Jahrzehnten betreuen Christian Leppert und Eva Wollweber ihre Gäste ohne Auto, mit rein vegetarischen Gerichten, in einer behutsam und liebevoll eingerichteten Pension. Die beherzte Entschiedenheit der Pensionswirte und ihre Liebe zu diesem Ort überträgt sich unumwunden auf uns. Das herzliche und unkomplizierte Beisammensein mit den anderen Bewohnern der Pension hat mich beeindruckt und es hat mir gut getan. Es ist der Geist der Pensionswirte, der uns beseelt hat - sodass der Geist eines wunderbaren Ortes sich in uns entfalten kann. Und unversehens habe ich, jenseits meiner gewohnten Urlaubsrouten, zum ersten Mal seit Jahrzehnten das gefunden, was ich in all meinen Ferien aufs Neue vermisst habe.

Am Ende dann, als uns Christian Leppert einen Abend lang erzählt, wie und warum er all das macht, seit mehr als zwei Jahrzehnten, ahne ich das grössere Bild. Ohne Auto eine nachhaltig geführte Pension für mehr als 20 Menschen zu betreiben ist kein kleines Vorhaben, schon gar nicht im ländlichen Raum und auf 1.100 Meter Höhe.

Und so sehe ich auf dem Heimweg die Wanderschilder mit einem Mal mit anderen Augen: Der Hinweis auf das Wiedener Eck, oben auf meinem Hausberg, dem Schauinsland, macht auf einmal Sinn: Fünf Stunden sind es also von hier bis zum Bergrücken, von dem aus ich zu Haus Sonne hinabsteigen kann. Und schon ist mein nächstes Urlaubsprojekt geboren: Mit dem örtlichen Bus fahre ich zur Talstation der Schauinslandbahn, lasse mich hinauftragen und wandere einen Tag lang herüber zum Wiedener Eck und hinab nach Haus Sonne. Bald schon. Eines schönen Sommertags.

 Urlaube können sehr umweltbelastend sein. Wie weit und mit welchem Verkehrsmittel ich reise, was ich speise und wie ich residiere: All das braucht eine Menge Energie. Unsere Urlaube tragen mittlerweile zu einem Fünftel unseres Energieverbrauchs bei. Zwischen 200 und 7.200 Kilogramm CO2 verursacht eine übliche Urlaubsreise pro Person. Selbst zwischen den derzeit verfügbaren Standard-Angeboten liegen also ökologische Welten.