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Die wahren Kosten der Dinge

Geldwelt

Oftmals versuchen wir, weniger zu kaufen, weil wir einfach und maßvoll leben und Geld sparen wollen. Und da bin ich ganz und gar dafür.

Doch es gibt eine Menge mehr Gründe, wenig zu kaufen. Sehr viel mehr.

Die Kosten, die der Kauf eines Dings verursacht, kratzen nur an der Oberfläche. Wenn wir etwas kaufen, tragen wir es in unsere Wohnungen, in unsere Leben und wir lassen uns auf das Leben eines neuen Dings ein.

Das Leben eines Dings? Jetzt bist du aber verrückt geworden, Leo!
Es ist gut möglich, dass das so ist, zumindest spreche ich in diesem Artikel ja schon mit mir selbst. Doch hör mir zu, im Geiste ersonnener Leser.

Ein Ding wird nicht im Laden geboren. Es ist im Wald zur Welt gekommen (wenn es aus Holz ist), in einem Bergwerk (wenn es aus Metall ist), in den Tiefen der Erde (im Falle Erdöl-basierter Produkte wie zum Beispiel Plastik oder synthetischer Textilien) oder es entstammt allen drei Orten oder mehr, wenn es sich um die Zusammenstellung unterschiedlicher Materialien handelt. Es erblickt in dem Moment das Licht der Welt, da diese natürlichen Ressourcen gewonnen oder geerntet werden (zu einem hohen Preis und mit einem hohen Preis für die Umwelt).
Und dann wird es irgendwo auf dieser Welt in eine Fabrik geschleppt, eine Fabrik, die die Umwelt verschmutzt, unabwendbar. Das Ding wird hier in seine Endform gebracht (oftmals in unterschiedlichen Fabriken), wird dann an verschiedene Verteilzentren geschickt, um letzten Endes im Endhandel einzutreffen.

Ich sage letzten Endes, doch das ist noch lange nicht das Ende. Das Leben dieses Objektes hat gerade erst begonnen in unser Leben Einzug zu halten, und doch haben wir bereits für die Zerstörung unserer Erde bezahlt, ganz einfach um es zu besitzen.

Jetzt müssen wir das Ding nach Hause transportieren, wiederum umweltverschmutzend, verbrauchend und zahlend – wir bezahlen den Sprit und die Wartung unseres Transportmittels, wenn es nicht menschengetrieben ist, und wir bezahlen mit unserer Zeit, kostbare Momente unseres Lebens, die niemals zurückkehren werden.

Nachdem wir all das aufgewendet haben, beansprucht es nun kostbaren Wohnraum (oder Arbeitsraum), Wohnraum, der zu Lebensraum werden könnte, oder Wohnraum den wir nicht bräuchten, wenn wir weniger Zeugs und eine kleinere Wohnung hätten. Das ist Wohnraum, der wirklich sehr teuer ist: Wir zahlen enorme Summen, um eine Wohnung oder ein Haus zu mieten oder zu besitzen, und jeder weitere Quadratmeter dieser Behausung kostet uns weitere Zeit, die wir aufwenden müssen, um das Geld für den Wohnraum zu erwirtschaften. Und hier geht es nur um Miete oder Kauf. Zähle die Kosten für Strom und Gas hinzu, die wir brauchen, um das Haus zu heizen oder zu kühlen, die Kosten für den Unterhalt der Behausung und die Zeit, die wir aufwenden, um unsere Wohnung und das Zeug darin aufzuräumen, zu reinigen, zu entrümpeln und zu organisieren.

Und noch immer haben noch immer nur an der Oberfläche gekratzt. Das Ding braucht, wenn es elektrisch betrieben ist, Strom. Immerzu. Das Ding muss gewartet werden, angeschaltet, ausgeschaltet, gereinigt, geölt, und man muss Acht geben, dass man es nicht versehentlich kaputt macht. Das sind weitere wertvolle Sekunden, wertvolle Euro. Wenn es aus Holz oder Metall oder Glas ist, muss man es von Zeit zu Zeit polieren. Es mag ein bisschen kaputt gehen und muss repariert werden. Wir müssen seine Garantieunterlagen irgendwo lagern und nicht vergessen, wo sie liegen (das erfordert noch mehr Aufmerksamkeit von uns). Wir haben vielleicht besondere Werkzeuge für das Ding, Reinigungsmittel, Zubehör. Dies alles braucht Raum und Pflege und Geld.

Und noch immer sind wir nicht einmal zur Hälfte angekommen. Ich erspare dir den Rest der Geschichte und schreibe einfach eine Liste. Und das ist nur eine unvollständige Liste.

Einige der Kosten von Zeugs:

  • Es verrümpelt unseren Raum, verursacht Ablenkungen und Stress.
  • Wir müssen es unaufhörlich bewegen – um an das andere Zeug zu kommen, um es zu reinigen, um es zu organisieren, um die dahinter liegenden Wände mal wieder zu streichen, um es umzudekorieren oder in eine neue Form zu bringen.
  • Wir müssen es mitnehmen, wenn wir umziehen und vielfach auch, wenn wir verreisen. Das verursacht eine Unmenge an Aufregung und Kosten.
  • Mitunter zahlen wir für zusätzlichen Speicherplatz, in unserem Hinterhof oder in Garagen und Kellern. • Wenn es kaputt geht, werden wir vielfach versuchen, es reparieren zu lassen. • Wenn wir Kinder oder Tiere haben, müssen wir immer aufpassen, dass es nicht kaputt geht, oder wir schelten die Kinder, wenn es dann doch mal passiert.
  • Wenn wir uns daran gewöhnt haben und es geht kaputt, werden wir es ersetzen, weil wir denken, dass wir es bräuchten.
  • Wenn es alt wird, Eigenarten entwickelt und auch manchmal Aussetzer hat, beginnen wir uns Gedanken über ein nicht mehr funktionales Werkzeug zu machen.
  • Wenn wir zu viel Zeug haben, zieht es uns emotional runter.
  • Wir hängen an unserem Krempel. Wenn wir erwägen sollten, ihn aufzugeben, verstricken wir uns in innere Kämpfe (ob wir uns wirklich von ihm verabschieden sollen oder nicht).
  • Wenn wir zu viel Zeugs haben leben wir in einem krampfigen Umfeld und wir finden keinen Platz für unsere Sachen.
  • Zu viel Krempel führt zu mehr Durcheinander und es wird schwerer, die Wohnung in Ordnung zu halten.
  • Wir könnten über rumliegendes Zeug stolpern und uns verletzen.
  • Wenn wir nicht drüber stolpern, müssen wir aufpassen, jedes Mal wenn wir an den rumliegenden Dingen vorbeikommen.
  • Wenn wir uns verschulden, um das Zeug zu kaufen, müssen wir es mit all den Qualen und Sorgen aufnehmen, die diese Schulden verursachen und die sich oftmals zu weiteren Schulden hinzugesellen.
  • Selbst wenn wir uns nichts leihen, gibt es die zusätzliche Pflicht, die Geldüberweisung in unserer Finanzsoftware auszuführen oder das Bargeld zu besorgen oder den Vorgang anhand unserer Kontoauszüge zu überprüfen. Wenn wir das überhaupt machen – denn manchmal ist es einfach alles zu viel.
  • Es gibt uns ein falsches Gefühl von Sicherheit.
  • Es reduziert die Zeit, die wir haben, um Dinge zu tun, anstatt uns um Zeug zu sorgen, es zu reinigen, es zu warten, es zu benutzen und dafür zu arbeiten, dass wir es bezahlen können.
  • Es reduziert die Qualität der Zeit, die wir haben.
  • Irgendwann dann müssen wir uns darum kümmern, (und wiederum Zeit und Geld dafür aufwenden) es wieder loszuwerden. Das bedeutet Zeit und Geld, das wir für Ebay aufwenden oder dafür, es auf dem Flohmarkt zu verkaufen oder es zu einer wohltätigen Organisation, zu einem Freund oder Verwandten zu bringen. Wir müssen dorthin fahren, eine Anzeige aufgeben, mit Käufern verhandeln… Das kann anstrengend sein.
  • Wenn du stirbst und das Zeug zurücklässt, müssen deine Hinterbliebenen sich um all das kümmern. Das kann eine wahre Bürde sein.
  • Wenn sich – Gott bewahre – eine Naturkatastrophe ereignet, oder wenn bei dir zuhause eingebrochen wird, musst du mit dem emotionalen Verlust fertig werden, dass du die Dinge verloren hast.

Ich könnte noch lange so weiter machen, wie du dir sicher vorstellen kannst. Es gibt keinen Weg, die wahren Kosten der Dinge zu errechnen, und es ist zu vielschichtig, als dass man einfach eine Zahl nennen könnten.

Erinnere einfach all das, wenn du daran denkst, etwas Neues zu erwerben – selbst wenn es scheinbar kostenlos ist. Nicht ist umsonst, wenn du all das oben Genannte berücksichtigst.

Bist du bereit, es mit dem Leben dieses Dings aufzunehmen und anzuerkennen, dass du etwas in deinem Leben aufgibst, um es zu besitzen?

Dieser Artikel stammt von Leo Babauta, er wurde erstmals auf seiner Website mnmlist.com unter dem Titel the true cost of stuff veröffentlicht. Übersetzung: Dirk Henn.

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