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Der Preis der Bequemlichkeit

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bequem abhängen     Foto © Wa54/photocase

Wenn es eine Richtung gibt, in die sich moderne Gesellschaften in den letzten hundert Jahren bewegt haben, dann ist es Bequemlichkeit. Das fasst das letzte ungefähr Jahrhundert gut zusammen: Waschmaschinen & Wäschetrockner, Mikrowelle, Computer, die Internet-Revolution, Fastfood, Agrobusiness, Tiefkühlkost, Geschirrspüler, Maschinen und Modernisierungen aller Art.

Wir sind, mehr als alles andere, eine Gesellschaft der Annehmlichkeiten. Doch zu welchem Preis?

Der Klimawandel, zum Beispiel, ist ganz und gar unserer Bequemlichkeit geschuldet, und die Lösung, sagen viele, muss ebenso angenehm sein wie das Problem: Elektrisch betriebene Autos, saubere Energie, „intelligente“ Häuser, biologische Fertignahrung. Das überzeugt mich nicht wirklich – ich denke dass wir stattdessen unsere Liebe zur Bequemlichkeit überdenken sollten.

Übergewicht ist ebenso durch Annehmlichkeiten verursacht: Fastfood, Mikrowellen-Mahlzeiten und industriell gefertigte, aromatisierte Nahrungsmittel sorgen dafür, dass die Nahrungsaufnahme so wenig Arbeit verursacht, dass wir das Essen in rauen Mengen in uns Hineinschaufeln.
Für viele muss die Lösung auch angenehm und bequem sein: Sie wollen nicht selbst kochen oder sich ein stundenlanges Training verordnen. Sie wollen schnelle, gesunde Mahlzeiten, die im Handumdrehen fertig sind, ein Körpertraining dass in wenigen Minuten absolviert werden kann oder dass sich zumindest leicht anfühlt, Tabletten und Operationen, die unsere Fettprobleme lösen.
Ich denke allerdings, dass Training eine harte Arbeit ist und auch sein soll – herausfordernd und ein Genuss. Gesunde Mahlzeiten zuzubereiten braucht ein wenig Zeit, aber es bietet uns auch die Möglichkeit für ein freundliches und achtsames Kochen und Speisen.

Autos sind wunderbar bequem – ausser dann, wenn sie es nicht sind: Heftige monatliche Leasingraten, die Zeiten, in denen wir uns um die Inspektion, Reparaturen, die Reinigung und das Betanken kümmern müssen, die Panne am Rand der Autobahn, der Moment, in dem der Wagen einfach nicht anspringt oder der Reifen platt ist, die dritte Runde um den Block, auf der Suche nach einem freien Parkplatz, die hochschießende Wut, wenn wir im Feierabendverkehr feststecken, eingekeilt zwischen Hunderten und Tausenden von anderen Feierabend-Pendlern, und so weiter, und so weiter…

Diese Annehmlichkeiten gehen, natürlich, auf Kosten unserer Gesundheit und unserer Umwelt. Vielleicht kleine Preise, die wir zu Zahlen haben. Denn wenn man sich das gesamte Bild anschaut, beinhalten Annehmlichkeiten immer versteckte Kosten. Manchmal gehen die Kosten zu Lasten der Dritten Welt, oder zu Lasten der Umwelt, oder zu Lasten unserer eigenen Zukunft, aber hey, das ist „echt nicht mein Problem“!

Ich habe einmal gesagt, dass wir De-Automatisieren sollten, und das ist ein Gedanke, auf den wir oft zurückkommen könnten. Es ist unbequem, feuchte Wäsche auf den Ständer zu hängen, aber es hat auch eine sympathische und wohltuende Seite und es ist nachhaltig. Einen kleinen Hausgarten zu haben ist nicht so angenehm und bequem, wie sich auf die Produkte des Agrobusiness zu verlassen, und doch ist es den Preis der Unbequemlichkeit wert.
Laufen, Radfahren und die Nutzung des Öffentlichen Nah- und Fernverkehrs sind nicht so bequem. Doch es kann uns Freude und Genugtuung bereiten und es ist nachhaltiger, als weiterhin aufs eigene Auto zu setzen.

Welche Unannehmlichkeiten können wir in unsere täglichen Leben integrieren, die vielversprechend und lohnenswert wären? Ich habe keine Antworten, nur die Frage.

Dieser Artikel stammt von Leo Babauta, er wurde erstmals auf seiner Website mnmlist.com unter dem Titel »the price of convenience« veröffentlicht. Übersetzung: Dirk Henn.